NLS-/NES-Zukunft: 12h Nürburgring markieren Deadline

Die Zukunft des Langstreckensports auf der Nürburgring-Nordschleife hängt weiter in der Schwebe - Rechtsstreit und drängende Zeit - ILN macht Druck

(Motorsport-Total.com) - Wie geht es weiter mit dem Langstreckensport auf der Nürburgring-Nordschleife? Hinter den Kulissen wird weiter um eine gemeinsame Lösung gerungen, doch die Zeit drängt und die Positionen liegen weit auseinander. (Hintergrund: Darum geht es im NLS-Machtkampf)

Titel-Bild zur News: Nach wie vor ist unklar, wie die Zukunft des Langstreckensports auf der Nordschleife aussieht

Nach wie vor ist unklar, wie die Zukunft des Langstreckensports auf der Nordschleife aussieht Zoom

Bis zum 12-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring muss eine Lösung gefunden werden, wenn es 2024 noch eine gemeinsame Serie geben soll. Danach wird es schwierig und die Beteiligten werden verstärkt ihre eigenen Pläne vorantreiben.

Beide Seiten - die Nürburgring Endurance Series bestehend aus der Dreierallianz Nürburgring-Besitzgesellschaft (NR Holding), AvD und Bonk & Schlüter GmbH auf der einen Seite und die VLN Sport GmbH & Co. KG auf der anderen - hätten dann ganz unterschiedliche Hürden zu bewältigen.

Während die NES derzeit noch die Teilnehmer davon überzeugen muss, dass sie die Serie auch ohne die VLN durchführen kann (siehe unten), wurde die VLN vom Nürburgring-Eigentümer aus der "Grünen Hölle" geworfen.

Dagegen ist natürlich ein Gerichtsverfahren anhängig, dessen Verhandlungstermin bereits stattgefunden hat. Ein Urteil wird rund um die 12 Stunden vom Nürburgring erwartet. Es ist davon auszugehen, dass die unterlegene Seite Berufung einlegen wird, sodass sich das Thema bis weit in den Herbst hineinziehen dürfte.


Fotostrecke: Streit um Langstreckensport am Nürburgring: Die Gemengelage erklärt

Es geht um die Existenz der VLN, die ohne die Nordschleife nicht überlebensfähig ist. Sie stützt sich auf das "Nürburgring-Gesetz". Sollte die VLN als Sieger aus der Sache hervorgehen (was Gerüchten aus dem Fahrerlager zufolge derzeit wahrscheinlich ist), müsste die Nürburgring 1927 GmbH der NLS Termine zur Verfügung stellen. Welche das sein werden, wäre - neben einer möglichen Revision - die nächste Frage.

Teilnehmer drängen auf eine Lösung

Die immer knapper werdende Zeit schadet vor allem den Teilnehmern. Schließlich werden derzeit die Budgets für die Saison 2024 festgelegt. Sponsoren haben ihrem Ärger bereits Luft gemacht. Nun erhöht die Teamvereinigung ILN den Druck mit einer Pressemitteilung unter dem Titel "Der Langstreckensport auf dem Nürburgring ist in Gefahr".

"Die Verunsicherung der Teams und Teilnehmer, aber auch der Sponsoren und Industriepartner bis hin zu den Sportwarten der Streckensicherung nimmt immer ernstzunehmende Formen an. Wir befürchten eine Abwanderungswelle, die dem Rennsport auf der Nordschleife die Erfolgsgrundlage entziehen kann", sagt der ILN-Vorsitzende Martin Rosorius.

Auch wenn die ILN betont, sowohl mit der NLS als auch mit der NES zusammenarbeiten zu wollen, gibt es Kritik an der NES: "Auch sechs Wochen nach unserem letzten Appell vermissen wir konkrete Pläne, wie eine mögliche NES aussehen könnte."

Motorsport-Total.com sprach im Juli mit Lutz Leif "Triple L" Linden, dem Generalsekretär des AvD, der betonte, dass es viele Vereine gebe, die Interesse an der Ausrichtung von Rennen hätten, dass ein Reglement bereits geschrieben sei und dass es sich bei den Zweifeln um Gerüchte handele, die von bestimmten Seiten gestreut würden.

Auf der anderen Seite hat die NES immer noch nichts Konkretes vorgelegt, außer den Beteuerungen, dass man acht Läufe organisieren und sich für die bisherigen NLS-Teilnehmer nichts ändern werde.

Hinzu kommt eine Bewegung von unten, die sich in den sozialen Medien unter dem Namen "Pro NLS" sammelt. Sie hat derzeit 1.700 Mitglieder, darunter neben Teilnehmern und anderen Akteuren auch Sportwarte. Sollten diese der NES die Gefolgschaft verweigern, könnte es eng werden mit der Durchführung einer eigenen Rennserie.

Sportwarte, Marschalls, Streckenposten, Nürburgring-Nordschleife

Die Sportwarte werden zum neuen Problem einer möglichen NES Zoom

Michael Beer, Chiefmarshall und Leiter der Arbeitsgruppe Sportwarte innerhalb der ILN, sagt: "Mit uns hat noch niemand gesprochen, wie es 2024 weitergeht. Viele unserer Mitglieder tendieren zur altbewährten Organisation oder spielen angesichts der Querelen sogar mit dem Gedanken, ihre Funktion ganz aufzugeben."

"Wenn unsere qualifizierten Sportwarte das Interesse am Motorsport verlieren, hätte dies fatale Folgen - auch für andere Veranstaltungen. Ohne sie löscht niemand einen brennenden Rennwagen, bringt den Fahrer in Sicherheit und räumt anschließend an der Unfallstelle wieder auf..."

Übergangssaison - oder Spaltung

Rosorius betont im Gespräch mit Motorsport-Total.com, dass man sich Veränderungen nicht in den Weg stellen wolle. Deshalb würde die ILN sowohl mit der NLS als auch NES zusammenarbeiten, oder, wie es Rosorius ausdrückt, "unsere Expertise zur Verfügung stellen". Dennoch sei es angesichts der fortgeschrittenen Zeit sinnvoller, den Streit auf 2025 zu verschieben.

"Um Planungssicherheit für die Saison 2024 zu gewährleisten, sollte die amtierende Organisation auch im kommenden Jahr weiterhin zuständig sein, bis alle juristischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Fragen einer möglichen Nachfolgelösung hinreichend und einvernehmlich geklärt sind", betont Rosorius. "Im Sinne des Sports ist ein Annäherungsprozess zwischen den beteiligten Parteien längst überfällig."

Auch das ist nicht ohne weiteres möglich, schließlich hat die NR Holding den bestehenden Vertrag mit der VLN über die Ausrichtung der NLS zum Ende des Jahres 2023 gekündigt. Es müsste also ein neues Konstrukt für eine Übergangssaison geschaffen werden - zwischen zwei Parteien, die sich derzeit vor Gericht streiten.

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Nürburgring Fanartikel

Zum jetzigen Zeitpunkt sind alle Szenarien möglich. Es ist denkbar, dass sich NES und NLS doch noch einigen und eine gemeinsame Serie beim 12-Stunden-Rennen ankündigen. Es kann passieren, dass die VLN den Prozess verliert und es nur noch eine NES gibt.

Oder, und diese Möglichkeit muss immer mehr in Betracht gezogen werden, es kommt zu einem Split wie bei den IndyCars in den 1990er-Jahren. Das wäre der Fall, wenn die VLN gewinnt und der Nürburgring ihr Termine geben muss, aber sein langfristiges Ziel nicht aufgibt, den Langstreckensport auf der Nordschleife selbst in die Hand zu nehmen.

Eine mögliche Strategie: Der VLN so viele Teilnehmer wegnehmen, dass sie nicht mehr lebensfähig ist und an sich selbst zugrunde geht. Auch die NES wäre unter diesen Umständen mit ziemlicher Sicherheit nicht tragfähig; letztlich würde es darauf ankommen, wer den längeren finanziellen Atem hat. Hier ist die NES im Vorteil, da sie über die finanzstärkeren Gesellschafter verfügt.

"Eine Spaltung wäre eine Zerreißprobe, die nur Verlierer produziert", sagt Martin Rosorius: "Es darf keine zwei konkurrierenden Langstrecken-Rennserien auf der Nürburgring-Nordschleife geben!" Doch die symbolische Deadline 12 Stunden vom Nürburgring rückt näher.

Problempunkt Reglement

Die Situation ist auch eine Reglementsfrage, denn hier lauert das nächste Problem. Der ADAC Nordrhein, Veranstalter des 24-Stunden-Rennens, benötigt Daten aus den Frühjahrsrennen, um die Balance of Performance (BoP) für das 24-Stunden-Rennen zu erstellen.

Bisher hat der Technikausschuss des ADAC Nordrhein die BoP auch für die NLS-Rennen erstellt. Dazu wurden ihm die Daten der NLS-Rennen zur Verfügung gestellt, die für die Erstellung einer BoP notwendig sind. Bei einer AvD-geführten Rennserie würde diese Symbiose höchstwahrscheinlich entfallen, denn der ADAC ist alles andere als glücklich über das AvD-Gebaren am Nürburgring.

Und die BoP ist nicht die einzige Komplexität im Reglement. Für die NES kämen - ohne VLN-Beteiligung - zwei Probleme beim Reglement ins Spiel.

Moran Gott, BMW 325i

In den V-Klassen liegt die Reglementshoheit bei der VLN Zoom

- Die Reglementshoheit über die V-Klassen liegt bei der VLN.
- Die Reglementshoheit für die SP1 bis SP8T liegt beim ADAC Nordrhein.

Für die NES gäbe es zwei Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit wäre, ganz auf Spezial- und Serienfahrzeuge zu verzichten. Das Ergebnis wäre dann eine Serie für Fahrzeuge aus den bisherigen Cup-Klassen, TCR und GT3 und GT4, die FIA-Kategorien sind.

Oder man macht es wie die Rundstrecken-Challenge-Nürburgring (RCN), die für ihre Leistungsprüfungen auf ein Reglement zurückgreift, das sich an dem des ADAC Nordrhein orientiert, aber andere Bezeichnungen enthält, z.B. ist dort ein SP3T ein RS3A.

Urheberrechtliche Klagen wären dann nicht auszuschließen, allerdings gab es diesbezüglich im Jahr 2022 ein Urteil, das dem Beklagten Recht gab. Geklagt hatte der Deutsche Motor Sport Bund (DMSB) gegen das Reglement des Rallye Supercups, der Rallyes ohne DMSB-Hoheit veranstaltet. Das Gericht gab dem Supercup Recht.

Da die Zusage der NES bislang lautet, dass sich für die bisherigen NLS-Teilnehmer nichts ändern soll, ist davon auszugehen, dass die bisherigen SP- und V-Klassen weiterhin startberechtigt sind.